Warum dürfen Militärs kein Hanf verwenden?

Martina Kafka Nov 17 2025 Gesetzgebung
Warum dürfen Militärs kein Hanf verwenden?

Warum darf das Militär kein Hanf verwenden? Die Antwort ist nicht so einfach, wie es klingt. Viele denken, es geht um Rauschmittel oder Drogen - doch der Grund liegt tiefer. Es geht nicht um Hanf als Nahrungsmittel, nicht um Hanfsamen, Hanföl oder Hanfprotein. Es geht um Gesetze, die vor Jahrzehnten geschrieben wurden - und bis heute nicht angepasst wurden.

Hanf ist nicht Cannabis

Hanf und Cannabis sind nicht das Gleiche. Hanf ist eine Sorte der Pflanze Cannabis sativa, die weniger als 0,2 % THC enthält - das ist der psychoaktive Stoff, der high macht. Cannabis dagegen wird gezüchtet, um mehr THC zu enthalten. Hanf wird für Seile, Stoffe, Baustoffe, Nahrung und Öl verwendet. In Deutschland ist Hanf als Lebensmittel seit 2017 erlaubt. Du findest Hanfsamen im Supermarkt, Hanfprotein in Müslis, Hanföl in Salatdressings. Aber im Militär? Verboten.

Warum? Weil das Militär nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) arbeitet. Und im BtMG steht: Alle Teile der Cannabis-Pflanze sind kontrolliert - egal ob THC-reich oder THC-arm. Das bedeutet: Selbst wenn ein Soldat nur Hanfsamen isst, gilt das laut Gesetz als Umgang mit einem kontrollierten Stoff. Kein Soldat darf etwas konsumieren, das auch nur theoretisch als „Cannabis“ klassifiziert wird - selbst wenn es keine Wirkung hat.

Die militärische Null-Toleranz-Politik

Das deutsche Militär - die Bundeswehr - hat eine Null-Toleranz-Politik gegenüber allen Substanzen, die mit Cannabis in Verbindung gebracht werden. Das hat einen praktischen Grund: Es geht um Leistung, Disziplin und Verlässlichkeit. Ein Soldat, der unter Drogen steht, ist eine Gefahr. Aber was, wenn er nur Hanföl in seinem Smoothie hat? Die Regel ist einfach: Kein Risiko. Keine Ausnahmen.

Ein Soldat, der Hanfprodukte isst, riskiert eine Untersuchung. Selbst wenn er keine Spuren von THC im Blut hat, kann die bloße Anwesenheit von Hanf in der Nahrung als Verstoß gegen die Dienstvorschriften gewertet werden. Warum? Weil es schwer zu beweisen ist, ob ein Hanfprodukt wirklich unter 0,2 % THC liegt. Labore im Militär testen nicht auf Nahrungsergänzungsmittel - sie testen auf Verstöße. Und wenn ein Test unklar ist, wird der Verdacht nicht ignoriert.

Die Geschichte des Verbots

Das Verbot stammt aus den 1970er Jahren, als die Welt noch nicht wusste, dass Hanf und Cannabis unterschiedlich sind. Damals wurde alles unter „Marihuana“ zusammengefasst. Die USA und viele europäische Länder verboten alles, was mit Cannabis zu tun hatte - auch industrielle Nutzung. Deutschland übernahm diese Haltung. Und seitdem hat sich nichts geändert.

Im Jahr 2017 wurde Hanf als Lebensmittel in Deutschland legalisiert - aber nur für Zivilisten. Für Soldaten gilt weiterhin das alte Gesetz. Selbst wenn du Hanf als Proteinpulver kaufst, ist es für einen Soldaten in Uniform verboten. Kein Arzt, kein Vorgesetzter, kein Rechtsberater kann eine Ausnahme machen. Die Regel ist klar: Kein Hanf. Punkt.

Getrennte Bilder: links Hanfpflanzen für Nahrung, rechts verbotene Hanfsamen im Militärarschal.

Was passiert, wenn ein Soldat Hanf isst?

Ein Soldat, der Hanfprodukte konsumiert, riskiert mehr als nur eine Standortverwarnung. Er kann disziplinarisch belangt werden. Das bedeutet: Ein Eintrag in seine Dienstakte, möglicherweise eine Versetzung, eine Geldstrafe oder sogar eine Entlassung. Selbst wenn er nur ein paar Hanfsamen in seinem Müsli hatte, kann das ausreichen, um eine Untersuchung auszulösen.

Es gibt Fälle, in denen Soldaten nach dem Verzehr von Hanföl positiv getestet wurden - nicht weil sie high waren, sondern weil das Produkt eine Spur THC enthielt. Manche Hanfprodukte, besonders aus dem Ausland, enthalten mehr THC als angegeben. Einige Hersteller geben 0,1 % an, aber durch Temperatur, Lagerung oder Anbauvariante steigt der Wert leicht an. Im Militär ist das kein „kleiner Fehler“. Das ist ein Verstoß.

Warum gibt es keine Ausnahmen für Nahrung?

Warum wird Hanf als Lebensmittel in Supermärkten verkauft, aber nicht für Soldaten erlaubt? Weil das Militär nicht Teil des zivilen Lebens ist. Es ist eine disziplinierte Organisation mit eigenen Regeln. Die Bundeswehr folgt nicht dem Lebensmittelrecht, sondern dem Wehrrecht und dem Betäubungsmittelgesetz. Und dort steht: Kein Cannabis - egal welche Form.

Es gibt keine Ausnahme für Nahrung, weil das Militär keine Unterscheidung zwischen „reinem Hanf“ und „Rauschmittel“ macht. Es gibt nur eine Kategorie: Kontrollierte Substanz. Und das ist eine bewusste Entscheidung. Sie soll verhindern, dass Soldaten in Grauzonen geraten - selbst wenn die Grauzone nur aus Samen besteht.

Andere Länder - andere Regeln

Deutschland ist nicht der einzige Staat mit diesem Problem. In den USA ist es für Soldaten seit 2020 verboten, CBD-Produkte zu konsumieren - selbst wenn sie THC-frei sind. Die US-Armee argumentiert: „Wir können nicht garantieren, dass ein Produkt wirklich THC-frei ist.“ In Kanada ist es für Soldaten erlaubt, Hanf als Nahrung zu essen - aber nur, wenn es offiziell zugelassen ist und vom Militär genehmigt wurde.

Die Schweiz hat eine pragmatische Lösung: Hanf als Lebensmittel ist erlaubt - auch für Militärpersonal - solange der THC-Gehalt nachweislich unter 0,2 % liegt und das Produkt von einer zugelassenen Quelle stammt. Aber das ist die Ausnahme. Die meisten Armeen weltweit haben eine striktere Haltung als die Zivilgesellschaft.

Historische Militärbesprechung mit veralteten Drogenwarnungen und modernem Hanfpulver.

Was kann sich ändern?

Es gibt Bewegung. Wissenschaftler, Ernährungsberater und Rechtsanwälte fordern seit Jahren eine Überarbeitung der Regeln. Hanf ist reich an Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß und Antioxidantien. Es ist ein ideales Nahrungsmittel für Soldaten - besonders bei langen Einsätzen, wo frisches Gemüse und Fisch schwer zu bekommen sind.

Einige Militärmediziner haben Studien vorgelegt: Hanfprotein verbessert die Muskelregeneration. Hanföl reduziert Entzündungen. Hanfsamen unterstützen die Darmgesundheit. Alles Dinge, die die Leistungsfähigkeit steigern - nicht mindern.

Die Bundeswehr hat bisher nicht reagiert. Die Befürchtung: Wenn sie Hanf erlauben, müssen sie auch CBD, Hanfblüten, Hanftee - und dann kommt der Druck, auch Cannabis für medizinische Zwecke zu erlauben. Das wollen sie vermeiden. Es ist ein politisches, kein medizinisches Problem.

Was bedeutet das für Zivilisten?

Dass Hanf als Lebensmittel erlaubt ist, ist ein großer Fortschritt. Aber es zeigt auch: Gesetze sind nicht immer logisch. Du darfst Hanf essen. Dein Nachbar darf Hanf essen. Aber wenn dein Sohn Soldat wird, dann darf er es nicht. Das ist nicht fair. Es ist nicht wissenschaftlich. Es ist bürokratisch.

Die nächste Generation wird diese Regel hinterfragen. Mit mehr Wissen, mehr Forschung und mehr Druck von Betroffenen könnte sich etwas ändern. Aber bis dahin: Wer im Militär dient, verzichtet nicht nur auf Alkohol und Zigaretten. Er verzichtet auch auf Hanf - selbst wenn es gesund ist.

Die Zukunft von Hanf im Militär

Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Regeln in den nächsten zwei Jahren ändern. Aber es ist nicht unmöglich. Wenn eine Studie der Bundeswehr zeigt, dass Hanf die Leistungsfähigkeit steigert - ohne Risiko - könnte das die Wende bringen. Wenn ein Soldat, der Hanf isst, nicht getestet wird, weil das Produkt als „zulässig“ eingestuft ist - dann wird sich etwas ändern.

Die erste Veränderung wird wahrscheinlich nicht in Berlin kommen, sondern in den Einsatzgebieten. Wenn Soldaten in Afghanistan oder Mali Hanf als Nahrungsmittel einsetzen - und es funktioniert - dann wird die Heimat nachziehen. Die Wissenschaft hat längst bewiesen: Hanf ist kein Risiko. Es ist eine Ressource. Und die Militärs werden eines Tages erkennen, dass sie diese Ressource verschwenden.

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