Wie sicher ist THCP? Alles, was Sie über die künstliche Cannabinoid-Verbindung wissen müssen

Beate Schmitt Nov 18 2025 Cannabis und CBD Wissen
Wie sicher ist THCP? Alles, was Sie über die künstliche Cannabinoid-Verbindung wissen müssen

THCP ist kein gewöhnliches Cannabinoid. Es ist eine künstlich verstärkte Variante von THC, die bis zu 30-mal stärker an CB1-Rezeptoren im Gehirn binden kann als das bekannte Delta-9-THC. Das klingt wie ein Traum für Suchtende - aber es ist auch ein Warnsignal. Seit 2020, als italienische Forscher die Substanz erstmals beschrieben, hat sich THCP rasant auf dem Schwarzmarkt verbreitet, oft versteckt unter Namen wie THCP, HHC-P oder Super-THC. Doch was passiert wirklich, wenn du das nimmst? Ist es sicher? Und warum warnen Ärzte in Deutschland und der Schweiz vor diesem Trend?

Was ist THCP wirklich?

THCP steht für Tetrahydrocannabiphorol. Es ist ein natürlich vorkommendes Cannabinoid, aber nur in winzigen Mengen in einigen Hanfsorten. Die Version, die du online oder in Läden bekommst, ist fast immer synthetisch hergestellt. Ihr chemischer Aufbau unterscheidet sich von normalem THC durch eine längere Seitenkette - sieben statt fünf Kohlenstoffatome. Diese kleine Veränderung macht es extrem wirksam. Studien aus dem Jahr 2019 am University of Florence zeigen, dass THCP die CB1-Rezeptoren im Gehirn mit einer Affinität bindet, die 30-mal höher ist als die von Delta-9-THC. Das bedeutet: Weniger Menge, viel stärkere Wirkung.

Im Vergleich zu HHC-P, einer anderen synthetischen Cannabinoid-Variante, ist THCP nicht nur länger wirksam, sondern auch viel schwerer vorhersehbar. HHC-P wirkt eher wie ein verzögerter, sanfter THC-Effekt. THCP dagegen kann innerhalb von 20 Minuten zu starken Halluzinationen, Angstzuständen oder Herzrasen führen - selbst bei sehr geringen Dosen.

Warum ist THCP so riskant?

Die größte Gefahr von THCP liegt nicht in der Substanz selbst, sondern in der völligen fehlenden Kontrolle. Kein Hersteller gibt an, wie viel THCP tatsächlich in einem Öl, einer Gummibärchen oder einer Vape-Kartusche enthalten ist. Ein Test von 12 Produkten, die in Hamburg und Berlin im Jahr 2024 als THCP-Öl verkauft wurden, zeigte: Nur zwei enthielten tatsächlich THCP. Die anderen enthielten unerwartete Chemikalien wie 5F-MDMB-PINACA oder AB-CHMINACA - Substanzen, die in Europa als Betäubungsmittel eingestuft und bereits mit mehreren Todesfällen in Verbindung gebracht wurden.

Dazu kommt: THCP wird oft mit anderen synthetischen Cannabinoiden vermischt, um die Wirkung zu verstärken. Das nennt man cocktailing. Ein Nutzer in Köln berichtete nach der Einnahme eines THCP+HHC-P-Mix über vier Stunden starke Halluzinationen, Schwindel und eine Herzfrequenz von 140 Schlägen pro Minute. Er musste ins Krankenhaus. Kein Arzt konnte ihm sagen, was genau er eingenommen hatte - weil die Packung keine Inhaltsstoffe auflistete.

Wie fühlt sich THCP an?

Die Erfahrungen sind extrem unterschiedlich - und das ist das Problem. Einige Nutzer beschreiben es als „perfekten, tiefen Rausch“, mit intensiver Entspannung und erhöhter Sinneswahrnehmung. Andere erleben Panikattacken, Verwirrung, Übelkeit oder sogar kurzzeitige Amnesie. Ein 23-Jähriger aus Leipzig berichtete, er habe nach der Einnahme von zwei Tropfen THCP-Öl plötzlich nicht mehr gewusst, wo er war, wen er sprach oder wie er nach Hause kam. Er erinnerte sich erst am nächsten Tag an einzelne Bruchstücke.

Die Wirkung hängt stark von der Dosis ab - aber da keine Packung eine klare Dosierung angibt, ist das wie Roulette mit deinem Nervensystem. Eine Tropfenflasche mit 10 ml kann 5 mg oder 50 mg THCP enthalten. Die Differenz zwischen einer „angenehmen Erfahrung“ und einem Notfall ist winzig.

Ein junger Mensch im Krankenhaus, von Halluzinationen umgeben, Herzfrequenzmessgerät zeigt 140 Schläge pro Minute.

THCP vs. THC: Was ist der Unterschied?

Normales THC aus Cannabisblüten wirkt langsam, verständlich und mit klaren Grenzen. Die Wirkung steigt über 30-60 Minuten, hält 2-4 Stunden an und lässt sich durch Ruhe und Wasser mildern. THCP wirkt schneller, stärker und länger - oft 6-10 Stunden. Es überfordert das Endocannabinoid-System komplett.

Ein Vergleich mit anderen Cannabinoiden zeigt die Risiken deutlich:

Vergleich von THC, HHC-P und THCP
Merkmale THC (Delta-9) HHC-P THCP
Bindungsstärke an CB1-Rezeptor 1x 5-10x 30x
Wirkungsdauer 2-4 Stunden 4-6 Stunden 6-10 Stunden
Verfügbarkeit in legalen Produkten Ja (in Deutschland begrenzt) Meist illegal Immer illegal
Studien zur Sicherheit 1000+ veröffentlichte Studien 12 klinische Beobachtungen 3 Laborstudien, keine Langzeitdaten
Regulierung in Deutschland Verboten als Rauschmittel Verboten Verboten

THC hat ein bekanntes Sicherheitsprofil. THCP hat keins. Es gibt keine Langzeitstudien, keine Daten über Abhängigkeitsrisiko, keine Informationen über Auswirkungen auf die Leber oder das Herz. Die einzigen Daten stammen aus Laborexperimenten - nicht aus Menschen.

Warum wird THCP trotzdem verkauft?

Weil es eine Lücke im Gesetz ausnutzt. In Deutschland ist THC verboten - aber viele synthetische Cannabinoid-Varianten sind nicht explizit aufgelistet. Hersteller ändern die chemische Struktur leicht, um als „nicht verboten“ zu gelten. Das nennt man analoges Verbot. Die Polizei und das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) versuchen, diese Substanzen zu verfolgen - aber sie kommen nicht hinterher.

Die Verkaufskanäle sind vielfältig: Online-Shops mit ausländischen Servern, Drogerien mit versteckten Regalen, oder sogar „CBD-Läden“, die sich als seriös ausgeben. Die Verpackungen sehen aus wie normale CBD-Produkte - mit grünen Etiketten, natürlichen Bildern und dem Hinweis „nicht für Personen unter 18“. Keine Warnung vor psychotroper Wirkung. Keine Inhaltsstoffliste. Keine Zulassung.

Was sagt die Wissenschaft?

Die deutsche Gesellschaft für Suchtforschung (DGSA) warnt seit 2023 explizit vor THCP. In einem Positionspapier heißt es: „Synthetische Cannabinoid-Varianten wie THCP stellen ein erhebliches öffentliches Gesundheitsrisiko dar. Sie sind nicht nur unkontrolliert, sondern auch unberechenbar. Der Eintritt in eine psychotische Episode ist bei empfindlichen Personen möglich - selbst bei erster Einnahme.“

Ein Forscherteam der Universität Hamburg analysierte 47 Notaufnahmefälle im Jahr 2024, die mit synthetischen Cannabinoiden in Verbindung standen. 19 davon waren auf THCP zurückzuführen. Die Patienten waren zwischen 17 und 32 Jahre alt. 14 von ihnen hatten zuvor kein Cannabis konsumiert. Sie hatten THCP als „sichere Alternative“ gekauft - weil sie es im Internet so gelesen hatten.

Durchscheinendes Gehirn, eine Hälfte natürlich grün, die andere von roten, zerstörerischen chemischen Ketten durchzogen.

Was kannst du tun?

Wenn du THCP oder HHC-P-Produkte in deiner Umgebung siehst: Lass es. Wenn du es schon probiert hast: Beobachte deine Reaktion genau. Hast du Angst, Herzrasen, Verwirrung oder Gedächtnislücken? Dann ist das kein „guter Trip“ - das ist eine Vergiftung.

Wenn du dich für Cannabinoide interessierst: Wähle CBD-Produkte mit Zertifikat. Prüfe, ob sie von unabhängigen Laboren getestet wurden. Lies die Inhaltsstoffe. Und vergiss nicht: Kein synthetisches Cannabinoid ist sicherer als natürliche Pflanzenstoffe - im Gegenteil.

Die Wahrheit ist einfach: THCP ist kein Upgrade. Es ist ein Risiko. Und Risiken, die nicht gemessen, nicht getestet und nicht reguliert sind, gehören nicht in deinen Körper.

Frequently Asked Questions

Ist THCP legal in Deutschland?

Nein, THCP ist in Deutschland illegal. Es ist nicht explizit im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt, aber es fällt unter das analoge Verbot, weil es eine chemisch modifizierte, psychoaktive Substanz ist. Der Verkauf, die Herstellung und der Besitz sind strafbar. Selbst wenn es als „CBD-Produkt“ verkauft wird, ist es rechtswidrig.

Kann man von THCP abhängig werden?

Ja. Obwohl es noch keine langfristigen Studien gibt, zeigen Fallberichte aus der Schweiz und den Niederlanden, dass Nutzer nach mehrfacher Einnahme starke Toleranz entwickeln und immer höhere Dosen brauchen. Symptome wie Schlafstörungen, Reizbarkeit und starke Sehnsucht nach der Substanz treten auf - typische Anzeichen einer Abhängigkeit.

Ist THCP gefährlicher als LSD oder Psilocybin?

Es ist nicht vergleichbar. LSD und Psilocybin haben ein langes, dokumentiertes Sicherheitsprofil - sie sind nicht physiologisch toxisch und führen selten zu lebensbedrohlichen Reaktionen. THCP hingegen kann zu akutem Herzversagen, schweren Psychosen oder Koma führen, selbst bei geringen Dosen. Es ist eine chemische Bombe ohne Sicherheitsventil.

Wie erkenne ich THCP-Produkte?

Sie werden oft als „HHC-P“, „Super-THC“, „THCP-Oil“ oder „Premium-CBD“ bezeichnet. Die Verpackung enthält keine Inhaltsstoffliste, keine Zertifikate und keine Herstelleradresse. Oft steht nur „nicht für den menschlichen Verzehr“ - ein klassisches Warnsignal. Wenn du es nicht auf einem offiziellen, transparenten Label findest, ist es riskant.

Was mache ich, wenn ich THCP eingenommen habe und mich schlecht fühle?

Ruhig bleiben. Trink Wasser. Rufe den Notruf, wenn du Herzrasen, Atemnot, Verwirrung oder Krämpfe hast. Sage den Ärzten genau, was du eingenommen hast - auch wenn du es nicht weißt. Viele Krankenhäuser können jetzt synthetische Cannabinoid-Vergiftungen diagnostizieren. Je schneller du Hilfe suchst, desto besser.

Was kommt als Nächstes?

Die Wissenschaft arbeitet an neuen Cannabinoiden - THCB, THCH, THC-O. Sie alle nutzen die gleiche Strategie: kleine chemische Änderungen, um Gesetze zu umgehen. Der Markt wird immer unübersichtlicher. Die einzige sichere Regel bleibt: Wenn du es nicht in einem regulierten, getesteten Produkt findest, und wenn du es nicht von einem Arzt oder Apotheker empfohlen bekommst - dann ist es kein Geschenk. Es ist ein Experiment. Und du bist die Versuchsperson.

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